Honda CR 750 Daytona
Honda CR 750 Daytona
Die Idee zum Aufbau einer weiteren CR 750 entstand anlässlich der Bikers Classics 2016 in Spa-Francorchamps.
Seit 2013 nehme ich zusammen mit meinem Freund und Mechaniker Bruno Badertscher alljährlich an dieser Veranstaltung in Belgien teil und inzwischen ist das unser jeweiliges Saion-Highlight. Nachdem Bruno 2014 nach 45 Jahren als Inhaber einer Honda-Markenvertretung in Heimberg (in der Nähe von Bern) in den Ruhestand gegangen ist, schätze ich seine Fachkenntnisse und seine Unterstützung als mein persönlicher Mechaniker und «Renningenieur» natürlich ausserordentlich. So beschlossen wir gemeinsam, dass ich für die Bikers Classics 2017 eine zweite Honda CR 750 aufbauen wolle und Bruno damit vom Mechaniker zum Rennfahrer befördern werde…
Mein Ziel sollte sein, die Maschine anlässlich des 70. Geburtstages von Bruno im April 2017 übergeben zu können und so die Vorfreude auf Spa noch zu steigern.
Gesagt, getan !
Sofort wurde
nach einem entsprechenden Objekt gesucht und Ausschau gehalten, was bei uns in
der Schweiz bei den üblichen horrenden Preisen auf dem Markt gar nicht so
einfach war. Bei einem Bekannten konnte ich eine aus Fragmenten bestehende und
total verbastelte K1 zu einem vernünftigen Preis von CHF 800.- erstehen.
Geplant war eigentlich, aus bestehendem aber kompletten Fahrgestell mit
einigermassen intaktem Motor eine fast originalgetreue CR 750 Daytona
aufzubauen.
«Aber ersten kommt es anders und zweitens als man denkt…»
Kaum standen die knapp 200 kg Alteisen in der Werkstatt, wuchs die Ernüchterung praktisch mit jedem Blick auf das erstandene Objekt.
Die Bestandsaufnahme nach Sichtung ergab das traurige Fazit:
Ausser dem vernickelten Rahmen und der Hinterradschwinge ist nichts zu gebrauchen!
So musste ich
feststellen, dass
Dieser Schock nach der Sichtung musste bei einem Bier erst einmal verdaut werden. Der Gedanke kam auf, das Projekt wieder zu vergessen, die Investition als «Lehrgeld» abzubuchen und den Schrott zu entsorgen. Ich konnte mich jedoch durchringen, den Entscheid bis nach der kompletten Zerlegung und dem Öffnen des Motors zu vertagen…
2 Wochen
später war die Motivation noch nicht wieder gestiegen, denn der Blick auf den
zerlegten Motor versprach auch nicht viel Gutes.
Das Getriebe ist zwar einwandfrei, aber ein Vorbesitzer hat die Maschine
offensichtlich mit zu niedrigem Oelstand bewegt und so ist der Motor
festgegangen. Kurbelwelle, Pleuel, Kolben und Zylinderbank sind unbrauchbar.
Motorgehäuse wie schon gesehen undicht und damit auch unbrauchbar.
Kommt Zeit, kommt Rat !
Nach einigen schlaflose Nächten und einem aufbauenden Gespräch mit Bruno hat mich der Ehrgeiz gepackt! Das Projekt wird trotz allen Widrigkeiten weitergeführt, das vorgesehene Budget auch ohne Einwilligung meiner Frau verdoppelt und das angestrebte Ziel weiterver-folgt !
Packen wir’s an !
Auf Grund
meiner Erfahrung mit dem Aufbau der CR von 2011 bis 2013 habe ich schnell eine
Liste der benötigten Teile und deren Lieferanten erstellt. Ueber Motorenteile,
Fahrwerkskomponenten und spezielle CR-Teile ist in Europa und auch Uebersee
dank Internet alles zu bekommen, was für einen originalgetreuen Aufbau einer CR
750 Daytona benötigt wird. Bruno hat ausserdem zugesagt, den Neuaufbau des
Motors nach Eingang der benötigten Neuteile zu erledigen.
Also werden in nächtelanger Computerarbeit die gesuchten Zubehörteile geordert
und das Projekt vorbereitet.
Der Rahmen
Nach der
Zerlegung in sämtliche Einzelteile wird zuerst die Bearbeitung des Rahmens in
Angriff genommen. Rahmen zuerst entnickeln und dann arbeiten Flex und Dremel
auf Hochtouren, denn alle nicht benötigten Befestigungslaschen und -teile
müssen weg.
Danach werden die Aufnahmen für Benzintank, Oeltank, Oelkühler, Fussrasten,
Verkleidung und Auspuffanlage angeschweisst.
Der fertige Rahmen wird zum Schluss entsprechend dem Original schwarz
pulverbeschichtet und dann selbstverständlich mit neuen Lenkkopf- und
Schwingenlagern versehen.
Der Motor
Vom
bestehenden Motor können lediglich einige Getriebekomponenten weiter verwendet
werden.
Motorgehäuse, Kurbelwelle und Zylinderbank werden durch Gebrauchtteile aus dem
Fundus eines Kumpels von einer K2 ersetzt, der Zylinderkopf stammt wegen den
grösseren Ventiltellern von einer F1. Um die höheren Drehzahlen zu bewältigen
und auf der Rennstrecke zu bestehen, werden härtere Ventilfedern eingebaut und
natürlich die Ventile neu eingeschliffen.
Kurbelwellenlager, Pleuel und Pleuellager, Kolben im Uebermass 2 (+0.5), der
Primärantrieb und die Kupplung mit verstärkten Federn sind Neuteile, das
bestehende intakte Getriebe wird lediglich durch eine neue Schaltwelle
aufgewertet. Die Nockenwelle wird durch eine Stage 2 von Webcam ersetzt und mit
neuer Steuerkette versehen. Die Oelpumpe wird komplett revidiert und alle
Verschleissteile ersetzt. Die originale «übergewichtige» Lichtmaschine wird
durch eine leichte Racing-Lima ersetzt und mit dem entsprechenden originalen
Honda-Racing-Deckel verschlossen.
So wird der Motor zuerst ohne Innereien zusammengebaut, sämtliche Oeffnungen
ver-schlossen und dann Glasperlgestrahlt.
Nach der erneuten Zerlegung und gründlicher Reinigung der Oelkanäle wird der
jetzt neuwertige Motor durch Bruno neu aufgebaut und einbaubereit gestellt.
Anlasser, Anlasserfreilauf und Kickstarterwelle werden dabei nicht eingebaut,
da sie für den Einsatz auf der Rennstrecke nicht nötig sind und so Gewicht
eingespart werden kann.
Anbauteile
Die
Beschaffung der benötigten Anbauteile nimmt einige Zeit für die umfangreiche
Sucherei möglicher Lieferanten in Anspruch. So müssen diverse Komponenten
CR-spezifisch be-schafft und die am Basismoped fehlenden Originalteile
zusammengesucht werden. Einige Komponenten werden auch selbst hergestellt.
Benzin- und Oeltank aus Aluminium sowie die Sitzbank stammen aus England und
müssen zusammen mit der Verkleidung zuerst durch meinen Maler in den
Daytonafarben lackiert werden. Hier bestehen bei den CR-Daytona-Enthusiasten
bereits einige Meinungsverschiedenheiten über die Farbgebung. Von Rot über
Kupfer und Orange oder Violett werden viele Farbnuancen angeboten. Abklärungen
über Honda Japan haben schliesslich den verbindli-chen originalen Farbton für
die Daytona ergeben (der Farbton wurde übrigens auch für andere
Serienmotorräder von Honda verwendet…). Der Oeltank wurde aus optischen Gründen
nicht dem original entsprechend lackiert sondern hochglanzpoliert.
Die Auspuffanlage (ebenfalls aus England) wurde in Einzelteilen geliefert. Mit
Hilfe eines Rahmens, einem Motorgehäuse und einer selbst gebauten Schablone
müssen die einzelnen Teile angepasst und verschweisst werden. Halterungen sind
anzufertigen und zu befestigen.
Um entsprechende Reifendimensionen montieren zu können, werden die Räder mit
Borrani-Hochschulterfelgen in den Dimensionen 2.5x19“ vorne und 3.00x18“ hinten
auf die aus optischen Gründen schwarz beschichteten Originalnaben neu
eingespeicht und Metzeler Sportec Klassik aufgezogen (100/90x19 vorne und
120/90x18 hinten)
Der Aufbau
Nachdem auch
viele bestehende Originalteile in der eigenen Glasperl-Anlage gereinigt und
aufbereitet wurden liegen nun fast alle benötigten Teile bereit. Der Aufbau
kann beginnen.
Der Rahmen wird auf der Hebebühne platziert und Oeltank, Vorderrad und Schwinge
werden eingebaut.
Nach dem Hinterradeinbau erfolgt die Verheiratung: Das Herzstück wird montiert.
Es folgen die neue Vergaserbatterie (für die Rennstrecke der Keihin CR 31)
sowie der Oelkühler mit den passenden Schläuchen.
Die wichtigsten Komponenten sind nun zusammengebaut und Lenkerstummel und
Fussrasten werden angebaut. Jetzt beginnt die grosse Arbeit, denn noch fehlen
alle Bedienelemente, sämtliche Züge und Schläuche sowie die gesamte Elektrik.
Armaturenbrett und Verschalung erfordern spezielle Halterungen und das alles
muss zuerst hergestellt werden und hat neben einer einwandfreien Funktion auch
optischen Ansprüchen zu genügen. Mehr als einmal wird ein gefertigtes und
eingebautes Teil wieder demontiert, abgeändert oder neu gefertigt um dann
wieder angebaut zu werden. In solchen Details kann und will ich mich nicht mit
dem erstbesten zufrieden geben…
Nach rund 450 Stunden schweissen, anpassen, glasperlen und schrauben ist es geschafft. Die fertige Maschine kann im Mai 2017 an der Klassikwelt Bodensee in Friedrichshafen auf dem Stand des 1. CB-Four-Club Deutschland dem interessierten Publikum präsentiert werden.