Dank Honda müssen wir uns nicht mehr mit kümmerlichen 1500er- oder 1600er-Cruisern abfinden.
Honda VTX 1800, neuer Massstab im Reich der Riesen-Cruiser - Motor und Auspuff X-large, Hubraum für ein Mittelklasseauto. 1795 ccm. Verteilt auf nur zwei Zylinder. In einem «ab Stange» käuflichen Motorrad. Honda VTX 1800: Der grösste Motor im Segment der eh schon dicken V2-Cruiser. Mehr Leistung sowieso. 
Man lässt sich nieder im tiefen, breiten Sitzsofa, packt die voluminösen Griffe, tuckert los und gibt dann Gas. Im ersten Gang. Spontan gibts Leistung dicke, die man als eine Folge der Sitzposition - als heftigen Tritt ins Kreuz erlebt. Mit Vergnügen gibt einem die VTX eins in den Allerwertesten. So was kannte man bislang nur von turbo- oder kompressorbeschleunigten Cruisern. Natürlich steigt die trocken 320 kg schwere Honda nicht gleich aufs Hinterrad, doch der (fast schon schmale) 180er Hinterreifen gerät bei dieser Übung an die Durchrutschgrenze; 163 Nm walten laut Honda an der Kurbelwelle. Da wundert man sich, dass sich im Zubehörprogramm keine Anhängerkupplung findet.
Fast übers gesamte Drehzahlband erntet man Schub satt. Das ist angesichts der Leistungsdaten keine Überraschung, die Drehfreude des riesigen V2 hingegen schon. Oft flüchtet man sich mit ähnlicher Motorisierung schnellstmöglich in den grössten Gang, weil erstens sowieso nirgends richtig Leistung ansteht und der Antrieb zweitens schon ab mittleren Drehzahlen nur noch zäh an Tempo zulegt. Anders der 1800er der VTX. Man ertappt sich dabei, über Land auch mal im dritten Gang um die Ecken zu schletzen. So bis 120 km/h macht das ungetrübten Spass, auch die Vibrationen bleiben verblüffend diskret. Natürlich kann man anderseits auch im Fünften durchs Dorf brummen. Gibt man am Ortsausgang Gas, erntet man zwar kurz ein kräftiges Schütteln aus dem System der langsam drehenden Schwungmassen, doch vorwärts gehts auch so. In den zwei 900-Kubik-Pötten steckt also ordentlich Potenzial. So lässt mans dann im fünften Gang mal richtig laufen. Jetzt gibts Power-Cruising. Es geht leicht aufwärts, der Tacho zeigt Tempo 180 und immer noch legt die VTX zu. Den Jethelm reisst es fast vom Kopf, die Gesichtshaut erhält ihr Peeling, und das Atmen geht so leicht wie beim Schlussanstieg auf den Mt. Everest. Das nächste Mal leih ich mir von Evelyne Binsack die Sauerstoffmaske...
(Aus einem Fahrbericht im MOTO SPORT SCHWEIZ 2001)